Farbbogen

Kinder sinnvoll aufs Leben vorbereiten. Das ist KRAFT.

Sendepause – ich gehe jetzt Spielen!

Mit Kindern ist jeder Tag aufs Neue eine Herausforderung und ein Abenteuer zugleich.

Aktuell fällt es uns besonders schwer die Kinder adäquat zu beschäftigen, sei es in der Notbetreuung mit vielen Hygieneauflagen oder als Familie zu Hause. Nicht nur für die Eltern ist es eine herausfordernde Zeit.                                                                                                         

Den Kindern fehlen ihre Freunde und auch sonst sind die Sozialkontakte auf ein Minimum beschränkt. Zuhause fällt ihnen schnell die Decke auf den Kopf, ohne Abwechslung wird ihnen langweilig. Für die kindliche Entwicklung bedeutet der fehlende Umgang mit anderen Kindern und Erwachsenen eine bislang nicht dagewesene Reizarmut. In ihrem häuslichen Umfeld erleben und sehen sie Tag für das Tag dieselben Dinge, sofern die Eltern nicht besonders kreativ in der Kinderbetreuung werden können – doch wer kann das schon über so einen langen Zeitraum! Der normale Alltag wurde durch das Spielen mit anderen Kindern in einem anderen räumlichen Kontext geprägt. Hier hatten Kinder die Möglichkeit von anderen Kindern zu lernen, hatten pädagogische Anreize durch vielfältige Spielmaterialien, Angebote und Unternehmungen sich zu entfalten. Zuhause kann das Angebot an Spielzeug nur begrenzt sein, ebenso die pädagogischen Fähigkeiten der Eltern. Diese Reizarmut bremst die kindliche Entwicklung der Sinneswahrnehmung aus, denn nur durch ein vielfältiges Angebot an Sinneseindrücken, können die verschiedenen Sinneswahrnehmungen reifen.

 

 

 

1 Sinneswahrnehmung – die Grundlage unserer Entwicklung

Bei Sinneswahrnehmungen denken die meisten an Sehen, Schmecken, Hören, Tasten, Riechen, vielleicht noch an den Gleichgewichtssinn. Es gibt jedoch noch weitere Sinne, wie beispielsweise die Selbstwahrnehmung und das sich Abgrenzen können von anderen Menschen und Räumlichkeiten. Die Diversität der Sinneswahrnehmung spielt sogar eine entscheidende Rolle für die Entwicklung unserer Sozialkompetenz und eines gesunden Selbstbewusstseins. Sie sind die Basis, damit Sinneseindrücke über Mund, Nase und Ohren durch das Gehirn angemessen verarbeitet werden können. Hierfür müssen alle Sinnessysteme ausgeprägt und miteinander verbunden sein, denn Sinneswahrnehmung ist keine Einzelerfahrung, sondern immer ein Zusammenspiel aus allen Sinnessystemen – und das will gelernt sein!

 

1.1 Das taktil-kinästhetische System

Bereits im Mutterleib beginnt die Ausprägung der ersten Sinnessysteme und damit verbunden den ersten Sinneswahrnehmungen. Das taktil-kinästhetische System ermöglicht dem Fötus im Mutterleib die Mutter und auch sich selbst zu erspüren. Zu Beginn unseres Lebens ist diese Sinneswahrnehmung besonders ausgeprägt und elementar, so dass liebevolle Berührungen Vertrauen, Wohlbefinden und auch unsere erste Sozialkompetenz schaffen. Neugeborene haben noch keine große Sichtweite und kaum Orientierungssinn, sie verlassen sich auf die vertraute Nähe zur Mutter, ihren Geruch und die Stimme. Der Tast- und Spürsinn verläuft über die Nervenbahnen der Haut zum Gehirn und wird dort verarbeitet.

Kinder erleben ihre Umwelt vor allem in der frühsten Kindheit, indem sie alles anfassen und in den Mund nehmen. An diesen Körperregionen sind die Nervenbahnen besonders ausgeprägt, das Kind erlebt seine Umwelt, es erforscht sie regelrecht mit allen Sinnen, begonnen beim Ertasten, Schmecken und Riechen. Das Gehirn verarbeitet diese Sinneseindrücke zu der entsprechenden Sinneswahrnehmung, die Synapsenbildung ermöglicht das Abspeichern dieser Informationen und das Kind lernt auf diese Weise. Zugleich wird die Motorik des Mundes trainiert und verfeinert, die später Grundlage für den Spracherwerb ist. Über die Sinneswahrnehmung im Mund sind für das Kind bestimmte Begrifflichkeiten wie „warm, „kalt“, „weich“, „hart“ oder „nass“ leichter zu begreifen und zu verbalisieren. In den ersten zwei Lebensjahren erfahren Kinder ihre Umwelt am leichtesten über Gegensätze durch die Sinneswahrnehmung, daher ist es für sie elementar ihre Umwelt erkunden und erforschen zu können, idealerweise in Verbindung mit Kommunikation. Auf diese Weise lernen sie Sinneseindrücke richtig einzuordnen, in Verhältnisse und Beziehungen zu setzen.

 

1.2 Das propriozeptive System

Das propriozeptive System könnte man einfach ausgedrückt als die Tiefen- oder Selbstwahrnehmung bezeichnen. Diese Sinneswahrnehmung ermöglicht uns Muskeln, Sehnen, Gelenke und auch Emotionen wahrzunehmen und zu reflektieren, eine nicht zu unterschätzende Sinneswahrnehmung. Wir können Schmerzen lokalisieren, mit geschlossenen Augen Bewegungen bestimmen und uns auch selbst in einem Raum wahrnehmen und einordnen. Ist diese Sinneswahrnehmung in der Kindheit gesund gereift, entwickeln wir als Erwachsene ein gesundes Selbstbewusstsein, die elementare Grundlage für gesunde Beziehungen und eine gute Sozialkompetenz. Wir lernen unsere Kräfte zu kontrollieren, einzuschätzen und im Idealfall auch einzuteilen, wir können in uns hinein spüren und Bedürfnisse erkennen und wir können eigene Grenzen setzen.

 

Aus persönlicher Erfahrung würde ich behaupten, dass diese Sinneswahrnehmung zu häufig unterschätzt oder zu wenig bewusst gefördert wird. Es könnte sogar sein, dass wir als Gesellschaft unsere Kinder daraufhin erziehen schlicht zu funktionieren und sich einzufügen. Grenzen werden als persönliche Schwäche oder soziale Inkompetenz gesehen. Wie wichtig es ist sich selbst Zeit einzuräumen versteht heute kaum noch jemand. Eine Freundin berichtete mir, dass ihr vierjähriger Sohn ihr mitgeteilt habe, er müsse nun allein sein und bräuchte Ruhe. Sie hat sich zunächst sehr abgewiesen gefühlt, aber ihr Sohn hat eine elementare Kompetenz für sein Leben erworben und diese sollte gefördert werden.

 

2 Sinneswahrnehmung spielerisch fördern

2.1 Kindern Freiheit geben

Kinder kennen noch keine sozialen Konventionen, Stereotypen oder jegliche Regeln und Werte. Für sie ist alles neu – ein tägliches Abenteuer des Entdeckens, Experimentierens und Erforschens. Wie und in welcher Weise der erwachsene Mensch im Anschluss entwickelt ist, ist ein Abbild seiner Prägung durch Vorleben und der Möglichkeiten seine Sinnessysteme zu verfeinern. Grundlage hierfür ist den Kindern Freiheit zu geben. Da alles neu und spannend ist, kann man bereits Babys dabei beobachten, wie sie viel Zeit damit verbringen intensiv Dinge oder sogar eigene Körperteile zu betrachten. Für einen Erwachsenen mag dies langweilig erscheinen und wir sind schnell versucht dem Kind ein Spielzeug in die Hand zu geben oder es zu unterhalten. Diese gut gemeinte Intervention stört das Kind bei seiner eigenen Entdeckungsreise und engt es ein, da wir seinen Fokus vorgeben. Ein weiterer Nebeneffekt des freien Forschens mit unseren Sinnen ist auch die Möglichkeit Fehler zu machen, wir lernen durch Versuche, die entweder erfolgreich oder weniger erfolgreich sind. Bei meinem fünfmonatigen Sohn beobachte ich täglich seine verschiedenen Versuche und auch den damit verbundenen Frust und Ärger, wenn es ihm nicht gelingt das Spielzeug zu erreichen oder sich gezielt in eine bestimmte Richtung zu bewegen. Es fällt mir nicht immer leicht ihn einfach machen zu lassen, um seine eigenen Erfahrungen zu sammeln, aber er muss für seinen späteren Lebensweg gelernt haben auch mit Frust umzugehen und nicht zu schnell aufgeben zu wollen, wenn ein Vorhaben nicht ohne Mühe gelingt.

 

2.2 Kindern einen Rahmen geben

Es ist schön, wenn wir Kinder mit in unseren Alltag nehmen, denn was für uns alltäglich ist, ist für Kinder ein großes Abenteuer, in dem sie sich selbst begreifen lernen und erfahren, dass sie etwas bewirken können. Dürfen sie uns beim Einkauf oder der Hausarbeit helfen, verfeinert es ihre motorischen Fähigkeiten, am Ende sind sie richtig stolz, wenn die Flasche Milch seinen Weg in den Einkaufswagen gefunden hat. Für Eltern ist dies nicht immer leicht, es erfordert eine große Portion Geduld und auch Gelassenheit, nicht selten passieren dabei kleinere Missgeschicke und jede Unternehmung nimmt nun einige Zeit mehr in Anspruch als gewohnt. In diesem sicheren Rahmen finden Kinder immer wieder wichtige Sinnesreize, die ihre Sinneswahrnehmungen schulen und verfeinern. Der Alltag darf auch im Kindergarten erprobt werden, den Wunsch sich auszuprobieren können Erzieher sich zu Nutze machen und die Kinder in die Vorbereitungen mit einbeziehen.

 

Neben den Zeiten des freien Spielens ist es auch nicht falsch dem Kind altersgerechte Sinnesreize anzubieten, in Form von pädagogisch wertvollem Spielzeug. Ich versuche mich immer an der aktuellen Sinnesentwicklung meines Kindes zu orientieren und wähle ein entsprechend hilfreiches Spielzeug aus. Besonders beliebt ist zur Zeit ein bunter Therapieball, er ist nicht nur optisch ein willkommener Sinnesreiz, sondern er besitzt ein Innen und ein Außen, ist leicht und sogar für ein Baby zu greifen. Mein Sohn lernt nun Verhältnismäßigkeiten in einem Raum, Beziehungen zwischen Menschen oder Gegenständen. Ein Ball kann rollen, wenn man ihn anstößt, ein schönes Beispiel für Aktion und Reaktion. Wichtig ist eine ganzheitliche und abwechslungsreiche Anregung um Lernen zu können, denn alle Sinnessysteme sind miteinander verbunden und sind die Sinneseindrücke zu einseitig gewählt, verkümmern die Sinneswahrnehmungen förmlich.

 

 

2.3 Sendepause

Die Zeit, die wir spielend mit unserem Kind verbringen ist eine kostbare Zeit und sicherlich die wichtigste Investition, die wir tätigen können. Es liegt in unserer Hand aus unserem Kind einen selbstbewussten und sicheren Erwachsenen werden zu lassen.

Gerade in der heutigen Zeit fällt es mir besonders schwer mein Handy aus der Hand zu legen und ich bewundere die Eltern, die nun mit einem oder mehreren Kindern jeden Tag zuhause sind und sich sinnvoll mit ihnen beschäftigen. Es ist leicht sein Kind vor den Fernseher zu setzen oder ihm das Handy in die Hand zu geben – es ist jedoch heldenhaft alles beiseite zu lassen und sich in die Welt eines Kindes zu begeben.

 

Bitte geben Sie die Zeichenfolge in das nachfolgende Textfeld ein.

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.